Power-to-X: die Speicherform der Zukunft?

Die Speicherung von erneuerbarer Energie gehört zu den Schlüsselherausforderungen der künftigen Energieversorgung. Power-to-X-Technologien könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen.

Die Problematik ist bekannt: Erneuerbare Energie fällt ungleichmässig an. Vor allem die Produktion von Solarstrom, der in der Schweiz das grösste Wachstumspotenzial aufweist, ist vom Wetter sowie von der Tages- und Jahreszeit abhängig. Zudem ist der Strombedarf im Winter am grössten, also genau dann, wenn am wenigsten Solarertrag möglich ist. Im Sommer, wenn am meisten Sonnenstrom gewonnen wird, ist der Bedarf hingegen am geringsten. Um die Stromversorgung zu gewährleisten sowie Produktions- und Lastspitzen zu glätten, muss der Solarstrom deshalb gespeichert und bei Bedarf wieder verfügbar gemacht werden können. Gefragt ist insbesondere eine saisonale Speicherung, um den im Sommer gewonnenen Strom im Winter nutzbar zu machen.

Pumpspeicher und Batterien ungeeignet

Etablierte Speicherformen wie Pumpspeicherkraftwerke oder Batterien kommen für diese Aufgabe aus heutiger Sicht eher nicht infrage. Erstere haben eine begrenzte Kapazität und der Bau weiterer Speicherseen dürfte schwierig zu realisieren sein. Batterien wiederum eignen sich aufgrund ihrer Kostenstruktur nicht für das langfristige Speichern: Sie sind in der Anschaffung teuer, im Betrieb aber eher günstig. Wer sie rentabel betreiben will, muss sie daher möglichst häufig be- und entladen. Das regelmässige Durchlaufen von Ladezyklen ist bei einer saisonalen Speicherung aber nicht möglich.

Lago Bianco Staumauer Scala

Stauseen wie der Lago Bianco hier im oberen Puschlav von Repower sind wichtig für die kurzfristige Speicherung von erneuerbarer Energie, für das saisonale Speichern sind aber zu wenig Kapazitäten vorhanden. Bild: Repower

Wasserstoff und künstliches Methan

Alternativ lässt sich erneuerbarer Strom nutzen, um mittels Power-to-X-Verfahren (siehe Infobox am Ende) speicherbare Energieträger herzustellen. Auf diese Weise lassen sich Wasserstoff oder synthetisches Methan herstellen, die saisonal gespeichert werden können. Wasserstoff kann bis zu einem gewissen Prozentsatz ins bestehende Erdgasnetz eingespeist werden. Da zu seiner Herstellung nur ein Umwandlungsschritt nötig ist, verfügt er über einen höheren Wirkungsgrad als das synthetische Methan. Dieses hat hingegen den Vorteil, dass es uneingeschränkt mit fossilem Methan vermischt und im Gasnetz transportiert werden kann. Es hat dadurch ein hohes Potenzial für die Sektorkopplung

Erste industrielle Anlage

Zwar existieren in der Schweiz schon heute Power-to-X-Anlagen, allerdings nur im Forschungsbereich. Das Institut für Energietechnik der Ostschweizer Fachhochschule beispielsweise führt in Rapperswil schon seit 2014 verschiedene Projekte zur Umwandlung von erneuerbarem Strom in synthetisches Methan durch. Zum Einsatz kommen auch hierzulande entwickelte innovative Technologien, die so einem Praxistest unterzogen werden können.


Power-to-Gas-Anlage
So soll die erste industrielle Power-to-Gas-Anlage in der Schweiz aussehen. Bild: Limeco

Was bisher fehlt, sind grosse Anlagen, die synthetisches Methan in industriellem Massstab herstellen. Dies wird sich bald ändern, denn seit Anfang September baut der Limmattaler Energieversorger Limeco in Dietikon eine industrielle Power-to-Gas-Anlage. Die Inbetriebnahme der Anlage ist für den Winter 2021/2022 geplant, sie soll eine Elektrolyse-Leistung von 2,5 MW erbringen.

Fossile Energie ersetzen

Power-to-X-Verfahren können nicht nur erneuerbaren Strom langfristig speicherbar machen, sondern bieten auch die Chance, fossile Treib- und Brennstoffe zu substituieren. Wasserstoff wird insbesondere in der Mobilität – genauer gesagt im Transportbereich – das Potenzial zugesprochen, Benzin und Diesel zu ersetzen. Der südkoreanische Hersteller Hyundai will zum Beispiel in der Schweiz bis Ende 2020 fünfzig Wasserstoff-LKW vom Typ «Xcient» in Betrieb nehmen. Die für den Betrieb notwendige Tankinfrastruktur befindet sich aber noch im Aufbau. In einer ersten Phase soll die Ost-West-Achse von St. Gallen bis Genf ausgerüstet werden.

Grosse Speicher in Europa

Synthetisches Methan könnte bei der Beheizung von Gebäuden Erdgas und Erdöl ersetzen, insbesondere an Standorten, wo weder eine Wärmepumpe noch ein Fernwärmeanschluss realisierbar sind. Möglich ist auch ein Einsatz in Blockheizkraftwerken, wo neben Wärme auch Elektrizität gewonnen wird. Speichern lässt sich synthetisches Methan in grossen Mengen, weil das hiesige Erdgasnetz an das europäische Netz angebunden ist. Dieses verfügt über umfangreiche Speicherkapazitäten, vor allem in Deutschland, Italien und Frankreich.

Mehr erneuerbaren Strom

Damit sich die Power-to-X-Technologie hierzulande durchsetzen und marktfähig werden kann, sind indes noch einige Herausforderungen zu meistern. So muss zum Beispiel die Produktionskapazität von erneuerbarem Strom in der Schweiz massiv ausgebaut werden, insbesondere im Bereich der Photovoltaik. Ansonsten wird nicht ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung stehen, um die Power-to-X-Prozesse nachhaltig durchzuführen. Da der Ausbau der Erneuerbaren aber ein wichtiger Teil der Energiestrategie 2050 des Bundes ist, dürfte diese Herausforderung zu meistern sein

Solarmodule auf Einfamilienhaus

Es braucht deutlich mehr Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz, damit genug erneuerbarer Strom für Power-to-X-Anwendungen zur Verfügung steht. Bild: Repower

Kosten senken

Ein entscheidendes Kriterium sind immer auch die Kosten. Damit Power-to-X-Prozesse günstiger werden, muss die Technologie intensiv angewendet werden. Die dabei gemachten Erfahrungen kann man nutzen, um die Herstellungsprozesse zu optimieren, damit insbesondere die Elektrolyseure günstiger werden. Diese Anlagen sind nötig, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufzutrennen – die Basis für jede Power-to-X-Anwendung.

Rahmenbedingungen verbessern

Ein weiterer Faktor für den Erfolg der Technologie ist das regulatorische Umfeld. Heute muss der Betreiber einer Power-to-X-Anlage ein Netznutzungsentgelt bezahlen, wenn er erneuerbaren Strom bezieht und diesen speicherbar macht. Das ist kontraproduktiv, denn aus Sicht des Energiesystems besteht ein grosses Interesse daran, überschüssigen erneuerbaren Strom zu speichern. Zur Förderung von Power-to-X-Anwendungen sollte diese Regelung daher angepasst werden.

Power-to-X

Power-to-X bezeichnet verschiedene Technologien, die erneuerbaren Strom in einen speicherbaren Energieträger umwandeln. In einem ersten Schritt wird meist durch die sogenannte Elektrolyse Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgetrennt. Der Wasserstoff kann entweder gespeichert und genutzt oder weiterverarbeitet werden. Die bekannteste Variante der Weiterverarbeitung ist die Transformation in synthetisches Methan. Dabei wird der Wasserstoff durch Zugabe von Kohlenstoffdioxid (CO2) in Methan (CH4) umgewandelt. Das für diesen Prozess benötigte CO2 kann aus der Luft oder aus Faultürmen entnommen werden, wodurch der Prozess CO2-neutral ist. Statt eines Gases lassen sich mit Power-to-X-Verfahren aber auch Flüssigkeiten wie synthetische Treibstoffe herstellen.

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Über den Autor

Repower

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Vom EVU fürs EVU

Repower ist ein Vertriebs- und Dienstleistungsunternehmen im Energiebereich mit über 100-jähriger Erfahrung. Die Schlüsselmärkte sind die Schweiz (inkl. Originationsgeschäft in Deutschland) und Italien. Der Hauptsitz befindet sich in Poschiavo (Graubünden). Die Gruppe ist von der Produktion über den Handel bis zur Verteilung und zum Vertrieb auf der ganzen Strom-Wertschöpfungskette sowie zusätzlich im Gasgeschäft tätig. Basierend auf ihrem fundierten Energiefachwissen bietet Repower ihre Produkte und Dienstleistungen auch Partnern an - insbesondere EVU, aber auch Industriekunden und öffentlichen Institutionen - und führt Arbeiten für Dritte aus.

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